"Sterbeglöckchen" läuten für die Uno
Dass der UN-Sicherheitsrat sich geweigert habe, ein ausdrückliches Mandat für
den Einsatz von Gewalt gegen den Irak zu erteilen, läute aber "das
Sterbeglöckchen für die jahrzehntealte Wunschvorstellung, die Uno sei das
Fundament der Weltordnung", fügte der als "Falke" bekannte Perle
hinzu. Der Sicherheitsrat habe im Irak-Konflikt seine "chronische Unfähigkeit"
gezeigt, seine eigenen Resolutionen zum irakischen Waffenprogramm in die Tat
umzusetzen, bemängelte Perle. Dies habe gezeigt, dass die Vereinten Nationen
"einfach nicht in der Lage sind, ihre Aufgabe zu erfüllen".
"Krieg muss in Gebiete getragen werden, die Terror
erzeugen"
Deswegen müsse der Krieg in jene Gebiete getragen werden, die den Terror
erzeugten, schrieb Perle. Für die Uno bleibe die Rolle, "gute Werke"
zu verwalten - etwa "das Aufrechterhalten des Friedens bei geringem
Risiko", den Kampf gegen Aids und Malaria oder die Verteidigung der Rechte
von Kindern. Die eigentlichen Hoffnungsträger für weltweite Sicherheit seien
Koalitionen wie die von den USA geschmiedete Allianz im Irak-Krieg. Die Uno sei
wie ihr Vorläufer Völkerbund "kläglich gescheitert".
"Wer ist schon China, Russland oder
Frankreich?"
Perle griff die Länder scharf an, die sich gegen eine Kriegs-Resolution
gestellt hatten: Wie könne eine vom Sicherheitsrat befürwortete Politik falsch
sein, "nur weil das kommunistische China, Russland, Frankreich oder
zahlreiche zweitrangige Diktaturen ihre Umsetzung ablehnen?". Deutschland
nannte Perle dabei nicht ausdrücklich, wohl aber Syrien, Kamerun und Angola.
Alle diese Länder haben zurzeit einen Sitz im Sicherheitsrat.
Rücktritt wegen umstrittener Tätigkeit
Der 61-jährige Perle steht an der Spitze der Kriegsbefürworter in Washington
und übte bei der Planung des Irak-Krieges großen Einfluss auf die US-Regierung
aus. Ende vergangenen Monats, mitten im Irak-Krieg, trat er wegen seiner
umstrittenen Tätigkeit für die insolvente Telekommunikationsfirma Global
Crossing als Chef-Berater des Pentagons zurück. Er ist aber weiterhin einfaches
Mitglied des Beratergremiums Defense Policy Board.
Architekt der Bush-Doktrin
Mehrere der so genannten "Falken" sind mit den Amtsantritt von Präsident
George W. Bush in einflussreiche Regierungsämter gerutscht.
Verteidigungsminister Donald Rumsfeld holte seinen alten Freund Perle im Sommer
2001 als Pentagon-Berater in seinen engsten Zirkel. Zusammen mit dem
stellvertretenden Verteidigungsminister Paul Wolfowitz gilt der 61-Jährige als
Architekt der neuen Bush-Doktrin: Angriff ist die beste Verteidigung. Im
Irak-Krieg findet diese Doktrin erstmals Anwendung.
"Fürst der Finsternis"
Seinen Beinamen "Fürst der Finsternis" erwarb sich Perle in den 70er
Jahren, als er mit einem eingeschworenen Club um Senator Henry Jackson die
sowjetische Bedrohung beschwor. Eine Kampfansage an das Sowjetreich, die
"Macht der Finsternis", war ihr Ziel. Unter Präsident Ronald Reagan
lief Perle als Abteilungsleiter im Pentagon mit seiner Forderung zur Aufrüstung
offene Türen ein. Er war entschiedener Verfechter von Reagans weltraumgestützten
Abwehrprogramm ("Krieg der Sterne").